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So verändert der Klimawandel das Meerwasser!

Die Erdoberfläche von 510 Millionen Quadratkilometern ist zu 71 Prozent von Meeren bedeckt. Von der Landfläche sind nur 71 Prozent bewohnbar – eine erstaunliche Zahlenparallele.


Die Hälfte der bewohnbaren Fläche beansprucht die Landwirtschaft.


Lediglich jeweils 1 Prozent der bewohnbaren Fläche dient uns Menschen zu Siedlungszwecken bzw. ist von Flüssen und Seen bedeckt. Und doch schaffen es 8 Milliarden Menschen mit dem kleinen Siedlungsanteil und dem enormen Anteil an landwirtschaftlich genutzter Fläche die 71 Prozent der von Meeren bedeckten Erdoberfläche in Mitleidenschaft zu ziehen.


Die Menschen und das Meer


Wir hören, lesen oder sehen, dass das Meer überfischt-, von Mikroplastik verschmutzt-, versauert- oder durch Stickstoff und Phosphor belastet ist.


Über viele Jahre nahmen Forscher an, dass es die gigantische Wassermenge der Weltmeere und ihre biologischen und zoologischen Ressourcen möglich machen, die von uns Menschen verursachte Einleitung von Schadstoffen und Müll zu absorbieren.


Diese Annahme stellte sich spätestens seit dem ersten Weltklimabericht des IPCC (auch als Weltklimarat bekannt) in den Jahren 1990/1992 als falsch heraus.


Tatsächlich belastet der Mensch direkt und indirekt die Ozeane weit bis über die Grenzen ihrer natürlichen Regenerationsfähigkeit hinaus. Bereits heute beobachten Meeresforscher drei Phänomene des Meerwassers, und zwar dessen Versauerung, die Abnahme des Sauerstoffgehalts und die Zunahme des Stickstoffstoffgehalts.


Alle drei Komponenten spielen bei der Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts unserer Meere eine entscheidende Rolle.


Die Versauerung


Der pH-Wert des Meerwassers ist leicht alkalisch und liegt zwischen 7,5 und 8,4. Durch die zunehmende Konzentration an Kohlendioxid in der Atmosphäre nimmt der pH-Wert langsam ab, denn das Meer ist dadurch gezwungen mehr CO2 aus der Atmosphäre aufzunehmen. Ursächlich dafür sind die über Jahrzehnte zunehmenden Treibhausgasemissionen aus fossilen Energieträgern. Dies führt dazu, dass die Meere der Welt zunehmend versauern, d.h. ihr leicht alkaliner Zustand nimmt ab.


Dies hat weitreichende Auswirkungen auf die Lebewesen des Meeres. Organismen wie Muscheln, Schalentiere oder auch Korallen leben vom leicht alkalischen Wasser, indem sie mit Calciumkarbonat ihre Schale bzw. ihr Skelett „bauen“ und aufrechterhalten. Calciumkarbonat kennen wir unter seiner „Trivial-Bezeichnung“ Kalk


Bei saurem Wasser entsteht ein Mangel an Calciumkarbonat. Im schlimmsten Fall lösen sich die Schalen und Skelette aufgrund der Untersättigung an Karbonat-Ionen auf. Muscheln, Schalentiere und Korallen sind besonders im Larvenstadium durch die Versauerung in ihrer Entwicklung gestört: ihr Wachstum ist eingeschränkt und die Populationsgrößen werden kleiner.


Dadurch steht auch Fischen weniger Beute zur Verfügung. Bei jungen Clownfischen wirkt sich die Versauerung auf den Geruchssinn aus, wodurch es ihnen schwerer fällt, Feinde frühzeitig zu erkennen. Zusätzlich verlieren Fische durch die Abnahme von Korallenriffen ihr natürliches Habitat.


Der Sauerstoffgehalt


Studien auf lokaler, regionaler und globaler Ebene belegen, dass der Sauerstoffgehalt der Ozeane abnimmt. Eine von Kieler Ozeanographen vor einigen Jahren veröffentlichte umfangreiche Datenanalyse zeigte, dass die Meere in den vergangenen 50 Jahren weltweit zwei Prozent ihres Sauerstoffgehalts eingebüßt haben.


Gesichert ist, dass die globale Erwärmung Hauptursache für die Sauerstoffabnahme ist. Sie beeinflusst unter anderem die Löslichkeit von Sauerstoff im Wasser. Je wärmer das Wasser, desto weniger Gase kann es aufnehmen. Dieser Effekt könne bis zu 20 Prozent der bisherigen Sauerstoffabnahme erklären.


Die Erwärmung verändert aber auch Muster der globalen Ozeanzirkulation. Da das komplexe System von Oberflächen- und Tiefenströmungen die tieferen Bereiche der Meere mit Sauerstoff versorgt, könnten diese Veränderungen den Sauerstoffgehalt im gesamten Ozean beeinflussen. Der Sauerstoffverlust fand von der Oberfläche bis in etwa 1.000 m Tiefe statt.


Die Veränderungen des Sauerstoffgehalts sind kritisch, denn sie bedrohen nicht nur Wasserorganismen, sondern auch wirtschaftliche Bereiche wie Fischerei und Tourismus.


Mikrobiotische Prozesse in sauerstoffarmen Gebieten verstärken zudem die Treibhausgasproduktion, was die Erderwärmung weiter vorantreibt. Es entstehen so genannte „Sauerstoff-Minimumzonen“, zum Beispiel durch abgestorbene Algen, die auf den Meeresboden sinken. Deren nachfolgenden Zersetzungsprozesse verbrauchen viel oder allen in der Wassersäule vorhandenen Sauerstoff.


Prinzipiell handelt es sich um ein natürliches Phänomen. Allerdings hat haben sich die Gebiete als Folge des Klimawandels in den vergangenen zehn Jahren dramatisch vervielfacht. So sprechen die Vereinten Nationen von etwa 700 Sauerstoffmangelzonen (hypoxische Zonen) bei anhaltend steigender Tendenz.


Besonders betroffen sind der Golf von Mexiko, das Südchinesische Meer, aber auch die Ost- und die Nordsee.


Die Eutrophierung


Ein Booster für Sauerstoff-Minimumzonen ist die Eutrophierung. Diese bezeichnet einen zu hohen Nährstoffgehalt des Meerwassers, der auf eine Überlastung mit Stickstoff und Phosphat in vielen Küstengewässern zurückzuführen ist.


Ursache ist vor allem die intensive Landwirtschaft. Der globale Verbrauch von Düngemitteln stieg seit Mitte des 20. Jahrhunderts um das Zehnfache. Ein erheblicher Teil des Düngers wird aus Böden ausgewaschen und gelangt über abfließendes Regenwasser und danach über die Flüsse in die Küstengewässer. So enden sie schließlich in den Meeren der Welt.


Allein über den italienischen Fluss Po fließen jährlich 50 Milliarden Kubikmeter belastetes Wasser in die westliche Adria. Insgesamt transportiert der Fluss heute doppelt so viele Nährstoffe wie noch vor zehn Jahren: eine Folge des intensiven landwirtschaftlichen Anbaus in der mittlerweile allerdings unter massivem Wassermangel leidenden Po-Ebene.


Diese Nährstoffüberschuss ist ein gefundenes Fressen für Mikroalgen, Cyanobakterien (Blaualgen), Kieselalgen und andere Arten des Phytoplanktons. Auch Quallen profitieren von den Nährstoff-Boostern.


In der Folge kommt es zur explosionsartigen Vermehrung, die man auch als Algenblüte oder Algenpest kennt. Die dann an der Wasseroberfläche driftenden Biomasse-Teppiche nehmen riesige Ausmaße an. Im Sommer 2010 bedeckten Teppiche aus Cyanobakterien in der Ostsee eine Fläche, die der Größe Deutschlands entsprach.


Die längere Zeit an der Wasseroberfläche treibende dichte Biomasse raubt zudem auf lichtdurchflutete Bedingungen angewiesenen Ökosystemen wie Seegraswiesen, Makroalgen und Korallen die Lebensgrundlage. Allein dadurch sinkt die Biodiversität in den betroffenen Gebieten.


Das große Sterben – zurück zum Sauerstoffmangel


Nach einer Weile sterben die gewaltigen Biomasse-Teppiche ab und sinken in der Wassersäule in tiefere Wasserschichten. Dort und am Meeresboden zersetzen Bakterien die organische Materie.


Dieser Prozess verbraucht Sauerstoff, und zwar so lange, bis kaum noch welcher da ist. Und schon sind wir wieder bei den Sauerstoff-Minimumzonen.


Mehr Meer - für alle


Der Versauerung der Meere sowie dem abnehmenden Sauerstoffgehalt können wir nur entgegenwirken, indem wir die Emissionen schädlicher Klimagase sofort und drastisch reduzieren. Wir haben wenig Zeit, das Pendel in eine andere Richtung schlagen zu lassen.

Zweifler am menschengemachten Klimawandel und seinen Folgen haben Hochkonjunktur. Ein Richtungswechsel erscheint unwahrscheinlich.


Der Eutrophierung können wir nur entgegenwirken, in dem wir die überschüssige Einleitung von landwirtschaftlichen Nährstoffen in unsere Flüsse endlich beenden! Durch die hohe Dynamik der industriellen und konventionellen Landwirtschaft erscheint auch bei diesem Thema eine Veränderung als wenig wahrscheinlich.


Die Uhr zum Zustand der Meere in den kommenden Jahren tickt ebenso gegen uns, wie die Weltklimauhr. Ob es uns langfristig gelingt, unsere Ozeane, ihre Wasserbeschaffenheit und ihrer Biodiversität wieder in ein ökologisches Gleichgewicht zu bringen, entscheidet die Menschheit selbst.


Das Meer ist nicht nur meditativ, sondern erinnert uns immer daran, wie klein wir Menschen doch auf der Erde sind. Erstaunlich, dass wir es trotzdem schaffen, diese Größe zu stören.


 
 
 

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