Der globale Meeresspiegel
- roschlau
- 25. Feb.
- 5 Min. Lesezeit
Zwischen 1901 und 2018 hat sich der Meeresspiegel im globalen Mittel um 20 Zentimeter erhöht. Das hört sich zunächst bei Betrachtung der Zeitachse als wenig an. Wichtiger ist die Beschleunigung des Anstiegs in den letzten 30 Jahren.
Der Anstieg könnte sich auch bei gleichbleibenden Treibhausgasemissionen verstärken.
Durch die wärmere Atmosphäre erhöhen sich auch die Temperaturen in den Ozeanen. Als Folge davon dehnt sich das Meerwasser aus. Der Meeresspiegel steigt dadurch stetig an.
Als zusätzlicher Faktor kommt das Abschmelzen der Gletscher und der Eisschilde auf Grönland und der Antarktis hinzu. Das zusätzliche von den Schmelzprozessen ausgelöste Süßwasser fließt in die Meere und erhöht so zusätzlich das Meeresniveau.
Beeinträchtigung von Lebensbedingungen
Die Veränderung durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht die Lebens- und Wohnbedingungen von ca. 600 Millionen Menschen, die direkt in den Küstenregionen der Welt leben.
Für kleinere Inselstaaten, deren kleine Landflächen auf dem heutigen Niveau des Meeresspiegels liegen, geht es sogar um die gesamte Lebens- und Existenzgrundlage.
Die zunächst naheliegenden Folgen für beide betroffene Gruppen wären auf kurz- oder mittelfristiger Sicht notwendige Umsiedlungen in weiter vom dann angestiegenen Meer entfernte Gebiete.
Die aktuelle Faktenlage
In den Jahren zwischen 1901 und 1971 stieg das Meeresniveau um 1,3 Millimeter pro Jahr an. In den Jahren zwischen 1971 und 2006 waren es schon 1,9 Millimeter pro Jahr. Eine Verdoppelung dieser Zahl fand zwischen 2006 und 2018 statt: um 3,7 Millimetern stieg der Meeresspiegel in diesem Zeitraum pro Jahr an.
Nach Einschätzung des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) – besser bekannt als „Weltklimarat“ – schwollen die Pegel in den vergangenen 3.000 Jahren noch nie so schnell an wie heute.
War im 20. Jahrhundert noch allein die thermische Ausdehnung des Ozeanwassers in Folge höherer Temperaturen in der Atmosphäre die dominante Ursache für den Anstieg, so haben die zunehmenden Eisverluste in Grönland und der Antarktis zu der hohen Beschleunigung in jüngster Zeit geführt.
Die weitere Entwicklung hängt einzig und allein von den künftigen Treibhausgasemissionen der Menschheit ab.
Werden diese schnell reduziert, würde der Meeresspiegel nach IPCC-Prognosen bis zum Ende des Jahrhunderts um weitere 28-55 Zentimeter steigen.
Bleiben die Emissionen so hoch wie derzeit, schwellen die Pegel bis 2100 im schlimmsten Fall um mehr als einen Meter an. Auch danach werden die Eisschilde wegen ihrer langsamen Antwort auf klimatische Veränderungen über Jahrhunderte zum Meeresspiegelanstieg beitragen.
Zukunft oder Gegenwart?
Nun kann man sich zurecht die Frage stellen, wie sicher oder unsicher Prognosen bis ins Jahr 2100 sind und wie sich deren Konsequenz gegebenenfalls auf die Menschheit auswirken könne.
Hinzu kommt die Tatsache, dass sich die Menschheit in erster Linie um sich selbst und ihr aktuelles familiäres Umfeld sorgt, nicht aber um das der zukünftigen Generationen. Der Klimawandel in seine Folgen sind in den vergangenen fünf Jahren durch eine Vielzahl von anderen Krisen abgelöst worden.
Die möglichen Auswirkungen der Folgen fortschreitender Erderwärmung gelten als mehr oder weniger wahrscheinlich, mehr oder weniger gesichert bzw. werden sogar grundsätzlich infrage gestellt. Dieses Ausblenden zeigt sich an der weltweit zunehmenden Zahl von Zweiflern beziehungsweise Leugnern des menschengemachten Klimawandels.
Tatsachen kann man nicht ignorieren!
Der Anstieg der Meeresspiegel ist eine gesicherte Messgröße, die auch der größte Zweifler als Solche nicht ignorieren kann.
Aussagen zum Meeresspiegelanstieg sind vorwiegend globale Mittelwerte. Es gibt aber große regionale Unterschiede. Die großen Meeresströmungen, die Gezeiten und vor allem auch vorherrschende Windsysteme beeinflussen die Verteilung des Wassers der Ozeane auf der Erde.
Trotz dieser unterschiedlichen, natürlichen Einflüsse steigen an den meisten Küsten der Welt die Pegel mit Werten, die nahe am globalen Mittel liegen.
Auch in der Nordsee ist der Anstieg regional leicht unterschiedlich. So stieg der Meeresspiegel in den letzten 100 Jahren vor Norderney um 14 Zentimeter, in Cuxhaven um 18 Zentimeter und in Husum um 20 Zentimeter. Der globale Mittelwert liegt für den gleichen Zeitraum bei 18 Zentimetern. Grund für die Unterschiede sind vor allem Meeresströmungen und Windmuster.
Küstenschutz in Deutschland
Die Politik in Deutschland hat bei aller Divergenz die Gefahren durch höhere Meeresspiegel sehr wohl erkannt. So sollen an der deutschen Nordseeküste in den kommenden Jahren die Deiche zu sogenannten »Klimadeichen« umgebaut werden, indem man sie um einen Meter oder mehr erhöht und verbreitert.
Beim Deichbau und Küstenschutz geht es allerdings weniger um den normalen Meeresspiegel, sondern zusätzlich um den Schutz des Hinterlandes bei besonders hohen Pegelständen. Diese kommen beispielsweise bei Sturmfluten vor, wenn langanhaltender Wind viel Wasser in Richtung Küste drückt.
Klima- und Wetterwissenschaftler schätzen, dass die Gefährdung der deutschen Küstenzone in Folge des Klimawandels zunehmen wird. Auch Sturmfluten könnten in den kommenden Jahrzehnten wegen der größeren Fläche der Meeresoberfläche häufiger auftreten und höher ausfallen.
Der Deichschutz in den meisten deutschen Küstenbereichen gilt als gut. Zusätzlich kann das Nordseewatt bis zu einem gewissen Grad mit dem Anstieg mitwachsen, da Ebbe und Flut regelmäßig Sedimente ablagern.
Überschreitet der Meeresspiegelanstieg jedoch einen gewissen Punkt könnten sich regelmäßig trockenfallende Wattflächen in dauerhaft mit Wasser bedeckte Lagunen verwandeln.
Zahlreichen Watt- und Salzwiesenbewohnern könnten so ein Verlust an Lebensraum und Futterplätzen drohen.
Küstenschutz weltweit
Wie bei nahezu allen großen und wichtigen Entscheidungen spielt auch die finanzielle Ausstattung von Staaten bei Klima und Küstenschutz im Hinblick auf steigende Meeresspiegel eine große Rolle.
Bei allen Weltklimakonferenzen der letzten zehn Jahre fordern ärmere Staaten – bisher weitgehend erfolglos – eine finanzielle Unterstützung der reichen Länder, um sich ausreichend vor den Folgen des Klimawandels, wie zum Beispiel den ansteigenden Meeresspiegeln zu schützen.
Wie reiche Staaten sich leichter durch zusätzliche Maßnahmen im Küstenschutz an steigende Pegel anpassen, zeigt das Beispiel Deutschland und die unserer Nachbarn in Belgien und den Niederlanden. Hier spielt Geld bei den notwendigen baulichen Maßnahmen von Klimadeichen keine Rolle.
In ärmeren Regionen – etwa in Südostasien und Afrika – ist das nur eingeschränkt durch die alleinige Finanzierung der jeweiligen Volkswirtschaften möglich. Auch in diesen ärmeren Ländern werden künftig immer häufigere Sturmfluten und Überschwemmungen auf dicht besiedelte Küstenregionen treffen.
Als besonders aussichtslos gilt die Lage kleiner Inselstaaten und Atolle. Hier fehlt neben dem Geld schlichtweg Platz und Baumaterial für den Küstenschutz und das flache Land droht nach und nach im Meer zu versinken.
Fazit
Der Anstieg der Meeresspiegel ist eine unmittelbare und nicht zu verleugnende Folge der zunehmenden Erderwärmung. Physikalische Gesetze wie die Ausdehnung von wärmerem Wasser und die Erhöhung der Wassermenge über den Süßwassereintrag durch abschmelzende Gletscher oder Eisschilde sind auch von den größten Leugnern oder Zweiflern am menschengemachten Klimawandel nicht zu ignorieren.
Die einzige Lösung auf mittelfristige und langfristige Sicht ist eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen!
Küstenschutz und Umsiedlungen sind regionale Maßnahmen, die notwendig und sinnvoll sind. Allerdings gehören diese in die gesamte, finanzielle Bilanz der Folgen des Klimawandels.
Ohne Zweifel verursacht Klimaschutz zum Beispiel über die Vermeidung fossiler Emissionen hohe Transformationskosten für die gesamte Volkswirtschaft. Wenn man die Vermeidung von Klimafolgen nicht als einen „neuen Wirtschaftszweig“ sondern als eine Entscheidung der reinen Vernunft sieht, müssen diese Kosten in Relation zu den genannten Transformationskosten gesetzt werden.

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